François Gagné (*1940, Kanada) und Albert Ziegler (*1961, Deutschland) gehen davon aus, dass es überdurchschnittliche, domänenspezifische Begabungen bzw. Fähigkeiten gibt, über die bereits Kinder verfügen. Es braucht aber aktive Entwicklung und Förderung von Begabung (natürliches Potential), damit Jugendliche und Erwachsene als Talente (entwickelte Fähigkeiten) herausragende Leistungen hervorbringen.
Die Talententwicklung wird von inneren Faktoren und äusseren Faktoren beeinflusst
Zu den äusseren Faktoren gehören beispielsweise spezifische Förderprogramme und unterstützende Strukturen an Schulen und in Vereinen. Diese Unterstützung sollte dynamisch sein, d. h. sich der individuellen Talententwicklung anpassen. Auch die Familie oder Peers sind wichtige äussere Faktoren.
Françoys Gagnés betont neben äusseren Faktoren auch die zentrale Rolle von inneren Faktoren im Prozess der Transformation von Begabung zu Talent. Diese inneren Faktoren sind Teil der Persönlichkeitsentwicklung und umfassen individuell ausgeprägte Eigenschaften und Merkmale, die den Entwicklungsprozess entweder fördern oder hemmen können. Innere Faktoren können entwickelt oder verändert werden. Wichtige innere Faktoren sind: Motivation (Bereitschaft, ein Ziel zu erreichen oder eine bestimmte Fähigkeit zu entwickeln); Selbstkonzept (Wahrnehmung der eigenen Fähigkeiten und des eigenen Selbstwerts); Persönlichkeit (Gewissenhaftigkeit, Offenheit für neue Erfahrungen, Beständigkeit der Bemühungen, ein Talent zu entwickeln); Wille und Selbstdisziplin (Langfristige Konzentration auf ein Ziel, Anstrengungen unternehmen, auch wenn es schwierig wird); Leistungserwartungen (realistische Erwartungen können zu höheren Anstrengungen und besseren Ergebnissen führen); Interessen (ein starkes Interesse an einem bestimmten Bereich); Werte, Vorstellungen und Einstellungen (Wert von Teamarbeit; Vorstellungen über Erfolg; Einstellung zu Feedback).
In der Praxis bedeutet dies, dass Bildungsprogramme und Fördermaßnahmen, die innere Faktoren stärken, entscheidend dazu beitragen können, das Potenzial von Schülern in tatsächliche, herausragende Leistungen umzuwandeln.
Schrittweise Talententwicklung
In der Talententwicklung geht es um den Aufbau eines Handlungsrepertoires nach dem Vorgängerprinzip, d. h. Schülerinnen und Schüler bauen dieses stufenweise auf, indem Ziele so gesetzt werden, dass sie sich auf Handlungen beziehen, die noch nicht erreicht wurden.
François Gagné und Albert Ziegler gehen davon aus, dass es bis 10 Jahre und 10'000 Stunden Übung braucht, bis ein Talent entwickelt ist. Gymnasien können mit ihren Förderprogrammen und Schulstrukturen also auf einen bestimmten Zeitabschnitt der Talententwicklung direkt Einfluss nehmen.
Talente erreichen Leistungsexzellenz, was bedeutet, dass eine Person in ihrem jeweiligen Bereich außergewöhnliche Leistungen erbringt und dazu über ein vielfältiges Handlungsrepertoire verfügt.
Leistungsexzellenz
Albert Ziegler beschreibt 3 Dimensionen leistungsexzellenter Handlungen: Komplexität (Grad der Schwierigkeit, Integration mehrere Fähigkeiten und Fertigkeiten), Originalität (Grad der Kreativität und Einzigartigkeit, neue Wege, innovative eigenen Lösungen) und Effizienz (wie gut werden Ressourcen - Zeit, Energie, Material, und das Handlungsrepertoire genutzt).
Talente zeigen folgende 4 personenbezogenen Merkmale:
Ergebnisorientierung:
Leistungsexzellenz wird durch die tatsächlichen Leistungen und Ergebnisse definiert, die eine Person erreicht, beispielsweise in akademischen, künstlerischen oder sportlichen Bereichen.
Ressourcennutzung:
Um Leistungsexzellenz zu erreichen, ist es entscheidend, dass eine Person ihre verfügbaren Ressourcen optimal, zur richtigen Zeit und effektiv, nutzt. Dazu gehören sowohl individuelle Fähigkeiten (Handlungsrepertoire) als auch externe Unterstützungssysteme.
Zielgerichtetes Handeln:
Leistungsexzellenz erfordert ein hohes Maß an Selbstregulation und Zielorientierung. Personen, die exzellente Leistungen erbringen, setzen sich klare, anspruchsvolle Ziele und verfolgen diese konsequent. Sie zeigen Ausdauer, Motivation und die Fähigkeit, Hindernisse zu überwinden.
Vergleich mit anderen:
Leistungsexzellenz kann auch im Kontext von sozialen Vergleichen verstanden werden. Das bedeutet, dass die Leistungen einer Person im Vergleich zu denen anderer bewertet werden. Exzellenz bedeutet hier, dass die Leistung signifikant besser ist als die der Mehrheit der Vergleichsgruppe.